Das
Beratungshilfegesetz und das Gesetz über die
Prozesskostenhilfe
Das
Bundesministerium der Justiz informiert
Vorwort
Chancengleichheit
bedeutet für Bürgerinnen und Bürger zunächst die
Gewährleistung gleicher Rechte. Aber nicht nur das.
Darüber hinaus müssen sie ihre Rechte auch wahrnehmen und
notfalls gerichtlich durchsetzen können. Zu einem
wirksamen Rechtsschutz gehört schließlich, dass die
Anrufung der Gerichte nicht durch Kostenregelungen
praktisch unmöglich gemacht wird. Heute soll niemand mehr
aus finanzieller Not auf sein gutes Recht verzichten.
Das Beratungshilfegesetz sichert Menschen mit niedrigem
Einkommen gegen eine geringe Eigenleistung Rechtsberatung
und Rechtsvertretung außerhalb eines gerichtlichen
Verfahrens zu. Falls die Bemühungen um eine
außergerichtliche Einigung scheitern sollten und ein
Gericht mit der Sache befasst werden muss, kann
Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen werden. Nach dem
Gesetz über die Prozesskostenhilfe werden die Kosten der
Prozessführung, falls notwendig, ganz oder teilweise vom
Staat getragen. Jedes Jahr werden diese Hilfen von
mehreren Hunderttausend Betroffenen in Anspruch genommen,
z. B. bei Mietstreitigkeiten,
Familienrechtsstreitigkeiten, in Auseinandersetzungen über
Wohngeld oder in Bauangelegenheiten.
Damit nicht auf Kosten der Allgemeinheit mutwillig und
unbegründet prozessiert wird, werden Beratungs- und
Prozesskostenhilfe nur dann gewährt, wenn bestimmte
Voraussetzungen erfüllt sind. Über die Einzelheiten der
Regelungen können Sie sich im Folgenden informieren.
Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin
Bundesministerin der Justiz
Beratungshilfe
Familie
Fröhlich ist guten Mutes. Mit den Ersparnissen der letzten
Jahre und einem Zuschuss von der Oma hat man sich einen
lang ersehnten Traum erfüllen können und ein fast neues
Auto für 10.000,- Euro gekauft.
Doch plötzlich ...
Der Motor ist defekt. Es stellt sich heraus, dass der
Wagen doch nicht "fast neu" war. Statt 30.000 km, wie der
Kilometerzähler anzeigte und auf dem Verkaufsschild stand,
war der Wagen schon 130.000 km gefahren worden.
Herr Fröhlich möchte den Kauf rückgängig machen und sein
Geld wiederhaben (in der Juristensprache sagt man: Er
möchte "wandeln"). Der Gebrauchwagenhändler Neulack
weigert sich jedoch, den Wunsch des Herrn Fröhlich zu
erfüllen. Ihm sei die wirkliche Fahrleistung des Autos
nicht bekannt gewesen, man habe auch niemals darüber
verhandelt, überdies sei im Kaufvertrag jegliche
Gewährleistung ausgeschlossen. Eine Rücknahme des Autos
kommt für ihn nicht in Frage.
Rechtsberatung oder das Gericht soll man erst in Anspruch
nehmen, wenn nichts anderes mehr möglich ist!!! Reden Sie
miteinander, suchen Sie nach Kompromissmöglichkeiten.
Meistens ist ihr Gegenüber nicht halb so boshaft, wie es
Ihnen erscheinen mag. Informieren Sie sich über
außergerichtliche Schiedsstellen, z. B. bei den
Handelskammern, die allein jährlich über 20.000
Verbraucherbeschwerden behandeln. Unabhängige
Schiedsstellen gibt es auch z. B. im Radio- und
Fernsehtechnikerhandwerk, im Reinigungsgewerbe oder im
Kfz-Handwerk. Darüber hinaus gibt es u.a. aber auch
Gebrauchtwagenschiedsstellen, deren Existenz Herrn
Fröhlich jedoch leider nicht bekannt war.
Wichtig: Weiterführende Informationen zur
außergerichtlichen Streitbeilegung enthält die Broschüre
"Wegweiser für Verbraucher". Sie ist kostenlos beim
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung,
Neustädtische Kirchstraße 15, 10117 Berlin, zu beziehen.
Am nächsten Tag erzählt Herr Fröhlich den Kollegen von
seinem Missgeschick. Alle sind empört und der Werkstudent
Karl Kumpel rät Herrn Fröhlich, zum Anwalt zu gehen. Herr
Fröhlich winkt ab: "Nee, gestern ist zu allem Überfluss
auch noch unser Kühlschrank kaputtgegangen. Für ´nen
Anwalt haben wir jetzt wirklich kein Geld mehr übrig. Und
überhaupt, der Neulack hat sicher auch einen Anwalt und
den Vertrag schon so formuliert, dass ich keine Chance
habe. Vielleicht kann ich die Reste meines Autos noch
irgendwo günstig loswerden".
Karl Kumpel nimmt Herrn Fröhlich beiseite: "Jetzt mach mal
keinen Unsinn, hast du denn noch nichts vom
Beratungshilfegesetz gehört? Wenn du mit Frau und zwei
Kindern nicht viel mehr als netto 1.600,- Euro in deiner
Lohntüte hast, erhältst du wahrscheinlich ohne eigene
Kosten Rechtsberatung bei jedem Anwalt oder beim
Amtsgericht." Dies war Herrn Fröhlich wirklich neu und er
lässt sich jetzt alles ganz genau erklären:
Wer ist
berechtigt, die Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen?
Beratungshilfe
kann in Anspruch genommen werden, wenn der rechtsuchenden
Person Prozesskostenhilfe nach den Vorschriften der
Zivilprozessordnung ohne einen eigenen Beitrag zu den
Kosten zu gewähren wäre. Nähere Einzelheiten hierzu finden
Sie auf Seite 4 bis 7 dieser Broschüre.
Bekommt man
Beratungshilfe, wenn man Vermögen hat z. B. ein Eigenheim?
Das Vermögen
braucht man nur einzusetzen, soweit das zumutbar ist.
Das ist nur der Fall bei hochwertigen
Vermögensgegenständen, die man nicht zum Familienunterhalt
oder zum Aufbau oder zur Erhaltung seiner beruflichen
Existenz benötigt. Das Eigenheim für die Familie schließt
also das Recht auf Beratungshilfe nicht aus.
Hat die rechtsuchende Person Anspruch auf
Versicherungsschutz (Rechtsschutzversicherung) oder einen
Anspruch auf Rechtsrat durch eine Organisation, deren
Mitglied sie ist, so kann der Anspruch auf Beratungshilfe
entfallen, wenn es ihr zumutbar ist, von dieser
Möglichkeit zunächst Gebrauch zu machen.
Worin besteht
Beratungshilfe?
Beratungshilfe
bedeutet einmal, dass man sich in rechtlichen Dingen
fachkundigen Rat holen kann. Da es nicht immer ausreicht,
nur beraten zu werden, sondern es in vielen Fällen auch
notwendig ist, bei Auseinadersetzungen Hilfe und
Unterstützung auch etwa gegenüber Behörden zu erhalten,
umfasst die Beratungshilfe insoweit auch die Vertretung.
Man muss also nicht selber "böse" Briefe schreiben, was
man oftmals gar nicht kann, sondern man kann dies getrost
dem überlassen, an den man sich wegen der Beratungshilfe
gewandt hat.
Bei welchen
Angelegenheiten kann man beraten werden?
Beratungshilfe
wird gewährt in Angelegenheiten
-
des Zivilrechts
(z.B. Kaufrecht, Mietsachen, Schadensersatzansprüche,
bei Verkehrsunfällen, nachbarliche Streitigkeiten,
Scheidungs-, Unterhaltssachen, sonstige Familiensachen,
Erbstreitigkeiten, Versicherungsrecht);
-
des
Arbeitsrechts (z.B. bei Kündigung des
Arbeitsverhältnisses);
-
des
Verwaltungsrechts (z.B. Sozialhilfe, Wohngeld, Bafög,
Bausachen, Abgaben und Gebührenrecht, Schul- und
Hochschulrecht, Gewerberecht, Enteignungen, Wehrpflicht-
und Zivildienstrecht);
-
des
Sozialrechts (z.B. in Renten- und
Versorgungsangelegenheiten, in Fragen zur
Arbeitslosenversicherung oder -unterstützung);
-
des
Verfassungsrechts (z.B. Verfassungsbeschwerden wegen
Grundrechtsverletzungen).
Wenn es im
Gesamtzusammenhang mit einer Beratung in den o.g.
Rechtsgebieten notwendig ist, auf andere Rechtsgebiete
einzugehen, wird auch für diese Beratungshilfe gewährt.
Ist man in den Verdacht geraten, eine strafbare Handlung
oder eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, so kann
man sich zwar beraten lassen, erhält jedoch nicht
Vertretung oder Verteidigung.
Muss man
eigentlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, um
sich beraten lassen zu können?
Nein. Auch
Ausländerinnen und Ausländer haben Anspruch auf
Beratungshilfe, selbst dann, wenn es nicht um Rechtsfragen
nach deutschem Recht geht, sondern um solche nach
ausländischem Recht.
In Angelegenheiten ausländischen Rechts gibt es
Beratungshilfe aber nur dann, wenn der Sachverhalt eine
Beziehung zum Inland hat.
Von wem kann man
sich beraten lassen?
Man geht zunächst
zu seinem Amtsgericht, schildert dem dort für die
Beratungshilfe zuständigen Rechtspfleger sein Problem und
legt seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
dar.Wenn das Amtsgericht dem Anliegen mit einer sofortigen
Auskunft, einem Hinweis auf sonstige
Beratungsmöglichkeiten oder der Aufnahme eines Antrags
entsprechen kann, gewährt es selbst dies Hilfe. Sonst
stellt es einen Berechtigungsschein aus. Mit diesem
Berechtigungsschein kann man eine Rechtsanwältin oder
einen Rechtsanwalt eigener Wahl aufsuchen.
Man kann die Rechtsanwältin oder den Rechtsanwalt auch
unmittelbar aufsuchen, dort seine persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft machen und bitten,
den schriftlichen Antrag auf Bewilligung der
Beratungshilfe durch das Amtsgericht nachträglich zu
stellen.
Was muss man auf
dem Antragsformular angeben?
Angaben zur
Person, zu den Einkommensverhältnissen (auch der Personen,
denen die rechtsuchende Person Unterhalt gewährt), zum
Vermögen und den einzelnen Vermögensgegenständen, zu den
Wohnkosten, Unterhaltsleistungen für gesetzlich
Unterhaltsberechtigte, und eventuell zu besonderen
Belastungen (z.B. wegen Köperbehinderung; hoher
Zahlungsverpflichtungen). Zum Nachweis des Einkommens
sollen Lohnbescheinigungen oder Steuerbescheide vorgelegt
werden. Vordrucke für den Antrag auf Beratungshilfe liegen
bei den Amtsgerichten und Rechtanwälten aus oder Sie
benutzen den
Link
am Ende des Artikels.
Kann die
Anwältin oder der Anwalt die Beratung und Vertretung
ablehnen?
Nein,
grundsätzlich nicht. Jeder Rechtsanwalt ist zur
Beratungshilfe verpflichtet. Er darf sie nur im Einzelfall
aus wichtigem Grund ablehnen.
Gilt dieses
Beratungshilfegesetz überall im Bundesgebiet?
Es gilt im ganzen
Bundesgebiet, jedoch mit folgender Ausnahme:
In den Ländern Bremen und Hamburg bleibt es bei der dort
schon seit längerem eingeführten öffentlichen
Rechtsberatung. Dort kann man also nicht wegen einer
Beratung nach dem Beratungshilfegesetz einen Rechtsanwalt
aufsuchen. Auskunft erteilen in Hamburg die öffentlichen
Rechtsauskunfts- und Vergleichsstellen, in Bremen die
Arbeitnehmerkammern.
In Berlin kann man zwischen der dort schon eingeführten
öffentlichen Rechtsberatung und anwaltlicher
Beratungshilfe, wie sie oben beschrieben ist, wählen.
Was kostet die
Beratungshilfe?
Die
Beratungshilfe durch das Amtsgericht ist kostenlos. Dem
Rechtsanwalt, den man mit dem Berechtigungsschein vom
Amtsgericht oder unmittelbar aufgesucht hat, muss man eine
Gebühr von 10,- Euro zahlen. Die Gebühr kann erlassen
werden, wenn sie die rechtsuchende Person nur schwer
aufbringen kann.
Noch am selben Tag sucht Herr Fröhlich die
Rechtsanwältin Hildegard Hilfreich auf. Er erzählt ihr,
was bisher vorgefallen ist. Sie liest sich den Kaufvertrag
durch und hört aufmerksam zu. Anschließend greift sie zum
Telefon und verhandelt mit Herrn Neulack.
1. Möglichkeit
Nach einem
langen Gespräch erklärt sich Herr Neulack bereit, einen
Austauschmotor auf eigene Kosten einzubauen. Für Herrn
Fröhlich hat sich damit der Gang zum Rechtsanwalt gelohnt.
Herr Fröhlich kommt nun doch zu einem fahrbereiten Auto.
Prozesskostenhilfe
2. Möglichkeit
Herr Neulack
zeigt sich bei dem Gespräch mit der Rechtsanwältin
uneinsichtig. Er verweist sie an seinen Hausanwalt. In dem
nun folgenden Telefongespräch versteht Herr Fröhlich nur
noch "Bahnhof". Es ist viel die Rede von "Wandlung",
"Minderung", "Mängeleinrede", "Gewährleistungsansprüchen"
und Ähnlichem. Schließlich meint der Anwalt des Herrn
Neulack, dass man jetzt um eine gerichtliche Klärung der
Angelegenheit wohl nicht mehr herum kommt und legt auf.
Herr Fröhlich ist entsetzt, denn er sieht nun
Prozesskosten auf sich zukommen.
Frau Hilfreich kann ihn jedoch beruhigen.
Zum einen sei nicht damit zu rechnen, dass man den Prozess
verliert, so dass der Gegner ohnehin alle anfallenden
Kosten tragen muss, zum anderen gebe es ja die
Prozesskostenhilfe.
Wer erhält
Prozesskostenhilfe?
Jede Person, die
nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur
in Raten aufbringen kann.
Wann man von den Gerichtskosten und den Kosten des eigenen
Anwalts völlig befreit ist, bzw. in welchen Fällen eine
Ratenzahlungsverpflichtung besteht, ist beispielhaft auf
Seite 5 dargestellt. Die prozessführende Partei hat
allerdings ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar
ist.
Zum Vermögen gehören insbesondere auch ein zu erwartender
Anspruch auf Prozesskostenvorschuss (z.B. nach
Unterhaltsrecht gegen einen Ehegatten) oder ein Anspruch
auf Versicherungsschutz hinsichtlich der Prozesskosten
(z.B. gegen eine Rechtsschutzversicherung).
Welche sonstigen
Voraussetzungen bestehen für die Prozesskostenhilfe?
Die beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muss
hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf
nicht mutwillig erscheinen.
Worin besteht
die Prozesskostenhilfe?
Die
Prozesskostenhilfe übernimmt - je nach einzusetzendem
Einkommen - voll oder teilweise den eigenen Beitrag zu den
Gerichtskosten und Kosten des eigenen Anwalts.
Die Prozesskostenhilfe hat jedoch keinen Einfluss auf die
Kosten, die gegebenenfalls dem Gegner zu erstatten sind,
vor allem die Kosten des gegnerischen Anwalts.
Wer den Prozess verliert, muss daher, auch wenn ihm
Prozesskostenhilfe bewilligt war, in der Regel die Kosten
des Gegners bezahlen.
Eine Ausnahme gilt lediglich in arbeitsgerichtlichen
Streitigkeiten: Hier hat derjenige, der den Prozess in der
ersten Instanz verliert, die Kosten der gegnerischen
Anwältin/des gegnerischen Anwalts nicht zu erstatten. Von
den Gerichtskosten und den Kosten der eigenen Anwältin/des
eigenen Anwalts völlig befreit wird z.B., wer kein
Vermögen hat und dessen einzusetzendes Einkommen nicht
mehr als 15,- Euro beträgt. Das einzusetzende Einkommen
ist nicht gleichbedeutend mit dem "Nettoeinkommen",
sondern wird folgendermaßen berechnet: Von dem
Bruttoeinkommen werden zunächst Steuern,
Vorsorgeaufwendungen (z. B. Sozialversicherung) und
Werbungskosten abgezogen. Weiter werden abgesetzt
-
Freibeträge von
jeweils 353,- Euro für die Partei und ihren Ehegatten
sowie von 248,- Euro für jedes unterhaltsberechtigte
Kind (Stand der Freibeträge: 1.1.2002)
-
ein
zusätzlicher Freibetrag von bis zu 145,- Euro (Stand
1.1.2002) für die Partei, wenn sie erwerbstätig ist,
-
die Wohnkosten
(Miete, Mietnebenkosten, Heizung) in voller Höhe,
-
eventuell
weitere Beträge mit Rücksicht auf besondere Belastungen
(z.B. Körperbehinderung).
Der danach
verbleibende Rest ist das einzusetzende Einkommen, das für
die Gewährung von Prozesskostenhilfe - mit oder ohne
Ratenzahlungsverpflichtung - entscheidend ist.
Die Freibeträge ändern sich zum 1. Juli jeden Jahres
entsprechend der Entwicklung der Renten.
Die aktuellen Beträge erfahren Sie von Ihrem
Rechtsanwalt/Ihrer Rechtsanwältin oder beim Amtsgericht.
Beispiel:
Unser Herr Fröhlich, verheiratet und Vater von zwei
unterhaltsberechtigten Kindern, verdient monatlich nach
Abzug von Steuern, Vorsorgeaufwendungen, Werbungskosten
netto 1.600,- Euro. Abzusetzen sind davon die Freibeträge
für ihn selbst (353,- Euro), seine Frau (weitere 353,-
Euro) und die beiden Kinder (2 x 248,- Euro = 496,- Euro),
ferner der zusätzliche Freibetrag für ihn als
Erwerbstätigen (145,- Euro) und die Wohnkosten
einschließlich Heizung (420,- Euro). Zusammen sind das
1.767,- Euro, die von seinen 1.600,- Euro netto abzuziehen
sind. Es verbleibt kein einzusetzendes Einkommen. Herr
Fröhlich erhält daher Prozesskostenhilfe ohne
Ratenzahlungsverpflichtung.
Rechtsuchenden Personen, deren einzusetzendes Einkommen
über 15,- Euro liegt, wird das Recht eingeräumt, die
Prozesskosten in monatlichen, nach der Höhe des
einzusetzenden Einkommens gestaffelten Raten zu zahlen.
Dabei sind insgesamt höchstens 48 Monatsraten
aufzubringen, gleichgültig, wie viele Instanzen der
Prozess durchläuft. Darüber hinaus anfallende Kosten
werden erlassen.
Zur Höhe der Monatsrate s. die nachfolgende Tabelle:
Einzusetzendes Einkommen (Euro) |
Monatsrate
(Euro) |
bis 15 |
0
|
50 |
15
|
100 |
30 |
150 |
45 |
200 |
60 |
250 |
75 |
300 |
95 |
350 |
115 |
400 |
135 |
450 |
155 |
500 |
175 |
550 |
200 |
600 |
225 |
650 |
250
|
700 |
275 |
750 |
300 |
über 750 |
300 zuzüglich
des 750 übersteigenden Teils des einzusetzenden
Einkommens |
Was muss man
tun, um Prozesskostenhilfe zu erhalten?
Man muss beim
Prozessgericht einen Antrag stellen, in dem der Streit
unter Angabe der Beweismittel darzustellen ist. Dem Antrag
sind eine Erklärung über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege
beizufügen.
Für die Erklärung gibt es einen Vordruck, den die Partei
sorgfältig und vollständig ausfüllen muss.
Beachten Sie bitte, dass bei Rechtsbehelfen, die innerhalb
einer bestimmten Frist eingelegt werden müssen (z. B.
Berufung, Revision), diese Erklärung auch innerhalb dieser
Frist abgegeben werden muss.
Wann kann man
sich einen Rechtsanwalt nehmen?
Eine zur
Vertretung bereite Rechtsanwältin/ein zur Vertretung
bereiter Rechtsanwalt wird beigeordnet,
-
wenn eine
Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben ist, z.B. in
Scheidungssachen beim Familiengericht (Amtsgericht) oder
in Verfahren vor dem Landgericht, Oberlandesgericht,
Bundesgerichtshof;
-
wenn die
Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich
erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt
vertreten ist.
Was ist, wenn
sich die maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse ändern?
Bei einer
Verschlechterung seiner finanziellen Verhältnisse kann man
sich an das Gericht wenden und um eine Änderung der
belastenden Bestimmungen bitten. Das Gericht kann die
Raten herabsetzen oder bestimmen, dass Raten nicht zu
zahlen sind.
Bei einer wesentlichen Verbesserung der finanziellen
Verhältnisse kann das Gericht zur Deckung der
Prozesskosten Raten festsetzen und erhöhen sowie Zahlungen
aus dem Vermögen anordnen.
Frau Hilfreich rechnet gleich einmal zusammen, wie viel
der Prozess (in einer Instanz) voraussichtlich kosten
wird. Dabei legt sie den Kaufpreis des Autos von 10.000,-
Euro als Streitwert zugrunde und berücksichtigt
vorsorglich auch eine eventuelle Beweisaufnahme.
Streitwert: 10.000,- Euro |
Gerichtsgebühren ca. |
590,- Euro |
Anwaltskosten |
- für den
eigenen Anwalt ca. |
1.720,- Euro |
- für den
Gegenanwalt ca. |
1.720,- Euro |
Kosten für 2
Zeugen etwa |
70,- Euro |
Sachverständigengutachten |
400,- Euro |
Nebenkosten
ca. |
10,- Euro |
|
4.510,-
Euro |
Sie kommt auf etwa 4.510,- Euro. Sollte der Fall auch
in die Berufungsinstanz gehen, könnten über 9.800,- Euro
an Kosten anfallen.
Für Bürgerinnen und Bürger, die ihren Wohnsitz im
beigetretenen Teil Deutschlands haben und dort einen
Prozess führen, ermäßigen sich die Gerichtsgebühren um 10
Prozent. Sie müssen im Vergleich zu den im bisherigen
Bundesgebiet geltenden Sätzen auch nur 90 Prozent der
Rechtsanwaltsgebühren zahlen, wenn sie einen Rechtsanwalt
beauftragen, dessen Kanzlei im Beitrittsgebiet liegt, oder
wenn ein anderer Rechtsanwalt für sie vor Gerichten oder
Behörden tätig wird, die ihren Sitz in den Ländern
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,
Sachsen-Anhalt oder Thüringen haben. Die Kostenberechnung
von Frau Hilfreich käme unter diesen Voraussetzungen auf
etwa 4.100,- Euro für die erste Instanz. Sollte der Fall
auch in die Berufung gehen, könnten über 8.8500,- Euro an
Kosten anfallen.
Wegen der Höhe des Streitwertes ist das Landgericht
zuständig, bei dem die Vertretung durch Anwälte
vorgeschrieben ist.
Herr Fröhlich hat ein Nettoeinkommen von 1.600,- Euro.
Nach Abzug aller anrechenbaren Beträge (vgl. Beispiel
Seite 9) verbleibt ihm kein einzusetzendes Einkommen.
Gemäß der Tabelle braucht er keinen eigenen Beitrag zu den
Gerichtskosten und den Kosten des eigenen Anwalts zu
leisten.
Sein Prozessrisiko, das ihm auch durch die
Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht abgenommen wird,
liegt nur in den Kosten des gegnerischen Anwalts (hier ca.
1.720,- Euro), falls er den Prozess verliert.
Herr Fröhlich bespricht die Sache mit seiner Frau; sie
entschließen sich, den Prozess zu wagen.
Am nächsten Tag geht Herr Fröhlich wieder zur
Rechtsanwältin.
Diese beantragt Prozesskostenhilfe unter ihrer Beiordnung
und setzt zugleich im Entwurf die Klageschrift auf.
Das Gericht bewilligt Herrn Fröhlich Prozesskostenhilfe
und ordnet Frau Hilfreich bei. Daraufhin spricht Frau
Hilfreich erneut mit Herrn Neulack und weist diesen darauf
hin, dass das Gericht nach vorläufiger Prüfung das
Begehren des Herrn Fröhlich für hinreichend aussichtsreich
hält. Herr Neulack erklärt sich bereit, den Kaufpreis zu
erstatten und das Auto zurückzunehmen.
Nehmen wir aber einmal an, dass Herr Neulack sich weiter
uneinsichtig zeigt. Es kommt dann zum Prozess. Schon beim
ersten Termin dringen Herr Fröhlich und seine
Rechtsanwältin mit ihrer Klage durch.
Herr Neulack kann sich auf den Haftungsausschluss im
Kaufvertrag nicht berufen, weil er mit der km-Angabe auf
dem Verkaufsschild eine Gesamtfahrleistung von 30.000 km
zugesichert hatte.
Die notwendigen Vordrucke enthält die PDF-Datei, die sie
vom
Bundesjustizministerium
aufrufen können